Steuerliche Aspekte
Hinweis
Was dahintersteckt
Seit dem 1. Januar 2005 gilt das sogenannte Alterseinkünftegesetz. Dieses Gesetz gestaltete die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen um. Mit ihm wurde insbesondere die nachgelagerte Besteuerung von Renten eingeführt.
Der Gesetzgeber folgte damit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Denn in seinem Urteil vom 6. März 2002 erklärte das Gericht die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Beamtenpensionen für verfassungswidrig. Gleichzeitig verpflichteten die Richter den Gesetzgeber, spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen.
Auswirkungen auf Beiträge und Leistungen
Bis zum 31. Dezember 2004 wurde von der Rente nur der sogenannte Ertragsanteil besteuert. Bei Regelaltersrenten – Rentenbezug ab 65 – betrug der Steuersatz gemäß § 22 EStG seinerzeit 27 Prozent. Seit dem 1. Januar 2005 findet nun der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung statt. Das bedeutet, dass in einer Übergangszeit der Anteil der Rente, der versteuert werden muss, stetig zunimmt. Ab dem Jahr 2058 werden Renten dann zu 100 Prozent besteuert. Maßgeblich für den zu versteuernden Rentenanteil ist das Jahr, in dem die Rentenzahlung beginnt. Im Gegenzug sind die Altersvorsorgebeiträge steuerlich begünstigt.
Steuerliche Absetzbarkeit von Altersvorsorgebeiträgen
Im Gegenzug zur schrittweisen Vollbesteuerung der Rentenbezüge berücksichtigt das Alterseinkünftegesetz die Altersvorsorgeaufwendungen schrittweise steuermindernd.
Das Gesetz sieht vor, dass Versorgungsabgaben zu berufsständischen Versorgungswerken ebenso wie die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung steuermindernd abgesetzt werden können. Auch andere Altersvorsorgeaufwendungen zu Leibrentenversicherungen, bei denen die erworbenen Anwartschaften nicht beleihbar, nicht vererbbar, nicht übertragbar, nicht kapitalisierbar sind, können steuermindernd geltend gemacht werden.
Der maximal absetzbare Betrag ist seit dem 1. Januar 2015 dynamisch an den Höchstbetrag zur Knappschaftlichen Rentenversicherung (West) gekoppelt. Er errechnet sich aus dem dort jeweils geltenden Beitragssatz und der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze. So galten im Jahr 2022 die Höchstbeträge 25.639,00 € für Ledige und 51.278,00 € für Verheiratete. Im Jahr 2022 können hiervon 94 % (das sind entsprechend 24.101,00 € beziehungsweise 48.202,00 €) steuerlich geltend gemacht werden. Entsprechend einer Gesetzesänderung wird ab 2023 bereits der voll absetzbare Betrag erreicht.
Anpassung der steuerlich absetzbaren Vorsorgeaufwendungen
Jahr | steuerlich absetzbarer Anteil in % |
---|---|
2005 | 60 |
2006 | 62 |
2007 | 64 |
2008 | 66 |
2009 | 68 |
2010 | 70 |
2011 | 72 |
2012 | 74 |
2013 | 76 |
2014 | 78 |
2015 | 80 |
2016 | 82 |
2017 | 84 |
2018 | 86 |
2019 | 88 |
2020 | 90 |
2021 | 92 |
2022 | 94 |
ab 2023 | 100 |
Folgende Beispiele zeigen die Absetzbarkeit von Altersvorsorgebeiträgen.
Beispiel 1: Absetzbarkeit von Beiträgen eines Selbstständigen im Jahr 2021 | |
---|---|
10.000,00 € | Beitrag an berufsständisches Versorgungswerk |
10.000,00 € | Beitrag private Leibrente |
20.000,00 € | |
20.000,00 € | Arbeitnehmeranteil |
0,00 € | Arbeitgeberanteil |
20.000,00 € | |
davon 92 % | 18.400,00 € |
./. steuerfreier AG-Anteil | 0,00 € |
18.400,00 € | |
Höchstbetrag 92 % von 20.000,00 € | = 18.400,00 € |
=> 18.400,00 € sind steuerlich absetzbar. |
Beispiel 2: Absetzbarkeit von Beiträgen eines Angestellten im Jahr 2021 | |
---|---|
12.000,00 € (6.000,00 € AG-Anteil / 6.000,00 € AN-Anteil) |
Beitrag an berufsständisches Versorgungswerk |
2.000,00 € | Beitrag private Leibrente |
14.000,00 € (6.000,00 € AG-Anteil / 6.000,00 € AN-Anteil / 2.000,00 € private Rente) |
|
8.000,00 € (6.000,00 € AN-Anteil / 2.000,00 € private Rente) |
Arbeitnehmeranteil |
(12.000,00 €/ 2 =) 6.000,00 € |
Arbeitgeberanteil |
14.000,00 € | |
davon 92 % | 12.880,00 € |
./. steuerfreier AG-Anteil | 6.000,00 € |
6.880,00 € | |
Höchstbetrag 92 % von 25.787,00 € | 23.724,00 € |
./. steuerfreier AG-Anteil | = 6.000,00 € |
17.724,00 € | |
6.880,00 € < 17.724,00 € | |
=> 6.880,00 € sind steuerlich absetzbar. |
Günstigerprüfung
Der neu geregelte Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen sollte für den Steuerpflichtigen an sich umfassender sein als der bisherige Sonderabgabenabzug nach dem bisher geltenden Recht. Trotzdem waren Fälle denkbar, in denen der Steuerpflichtige schlechter gestellt wird. Deshalb war bis zum Jahr 2019 (§ 10 Abs. 4a EStG n. F.) eine Günstigerprüfung verankert. Das Finanzamt prüft, ob der Abzug aller Vorsorgeaufwendungen nach altem oder neuem Recht günstiger ist. Ab 2020 erfolgt diese Günstigerprüfung nicht mehr.
Steuerliche Behandlung von Renten
Die Höhe des zu besteuernden Rentenanteils hängt vom Renteneintrittsjahr ab. Seit 2005 werden alle bereits laufenden Renten sowie die erstmalig in diesem Jahr bezogenen Renten zu 50 Prozent besteuert. Bei einem Rentenbeginn nach 2005 erhöhte sich der zu versteuernde Anteil jedes Jahr um zwei Prozent. Seit 2020 und bis zum Jahr 2022 verläuft die Erhöhung in Ein-Prozent-Schritten und ab 2023 erfolgt die Erhöhung bis zum Jahr 2058 um ein halbes Prozent jährlich. Danach wird die Rente zu 100 Prozent besteuert. Die folgende Tabelle zeigt den Steuersatz in Abhängigkeit vom Jahr des Rentenbeginns.
Der zu diesem Zeitpunkt festgestellte Betrag bleibt über die gesamte Bezugsdauer der Renten erhalten (sogenanntes Kohorten-Modell).
Schrittweise Zunahme des zu versteuernden Anteils der Rente, abhängig vom Jahr des Rentenbeginns:
Rentenbeginn | besteuerter Rentenanteil in % |
---|---|
2005 | 50,0 |
2006 | 52,0 |
2007 | 54,0 |
2008 | 56,0 |
2009 | 58,0 |
2010 | 60,0 |
2011 | 62,0 |
2012 | 64,0 |
2013 | 66,0 |
2014 | 68,0 |
2015 | 70,0 |
2016 | 72,0 |
2017 | 74,0 |
2018 | 76,0 |
2019 | 78,0 |
2020 | 80,0 |
Ab 2021 Erhöhung um 1 % | |
2021 | 81,0 |
2022 | 82,0 |
Ab 2023 Erhöhung um 0,5 % | |
2023 | 82,5 |
2024 | 83,0 |
2025 | 83,5 |
2026 | 84,0 |
2027 | 84,5 |
2028 | 85,0 |
2029 | 85,5 |
2030 | 86,0 |
2031 | 86,5 |
2032 | 87,0 |
2033 | 87,5 |
2034 | 88,0 |
2035 | 88,5 |
2036 | 89,0 |
2037 | 89,5 |
2038 | 90,0 |
2039 | 90,5 |
2040 | 91,0 |
2041 | 91,5 |
2042 | 92,0 |
2043 | 92,5 |
2044 | 93,0 |
2045 | 93,5 |
2046 | 94,0 |
2047 | 94,5 |
2048 | 95,0 |
2049 | 95,5 |
2050 | 96,0 |
2051 | 96,5 |
2052 | 97,0 |
2053 | 97,5 |
2054 | 98,0 |
2055 | 98,5 |
2056 | 99,0 |
2057 | 99,5 |
2058 | 100,0 |
Wir sind verpflichtet, die gezahlten Rentenbeträge in Form von Rentenbezugsmitteilungen jährlich der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) zu melden. Die Daten werden von dort an die Finanzverwaltung übermittelt. Die Übermittlung entbindet Rentnerinnen und Rentner nicht von der Notwendigkeit zu prüfen, ob die Abgabe einer Steuererklärung erforderlich ist.
Öffnungsklausel
Gerade bei Selbstständigen besteht die Gefahr der Doppelbesteuerung, weil sie oftmals Altersvorsorgebeiträge aus bereits versteuertem Einkommen leisten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil bestimmt, dass es nicht zu einer Doppelbesteuerung kommen darf. Allerdings hat das Gericht nur verlangt, dass eine solche Doppelbesteuerung nicht regelmäßig vorkommen darf. Für jeden individuellen Fall könne sie nicht ausgeschlossen werden.
Daher hat der Gesetzgeber in das Alterseinkünftegesetz die sogenannte Öffnungsklausel eingefügt, die eine Doppelbesteuerung in bestimmten Fällen vermeiden soll. Diese Klausel besagt, dass alle, die bis zum 31. Dezember 2004 mindestens zehn Jahre lang Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben, für die aus diesen Mehrbeiträgen erwachsenden Rentenbestandteile die Ertragsanteilsbesteuerung wählen können. Der Ertragsanteilssteuersatz richtet sich nach dem Alter der Rentenberechtigten bei Rentenbeginn und beträgt zum Beispiel bei Inanspruchnahme der Rente mit 65 oder 66 Jahren 18 Prozent. Die Anwendung der Öffnungsklausel muss beim Finanzamt gesondert beantragt werden.
Entsprechende Bescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt stellt die NÄV Ihnen bei Rentenbeginn aus – sofern die genannten Voraussetzungen vorliegen.